11
Juli
2011

Wolle Neurose kaufen? Macken und Marotten von Gamern

Vorsichtig, vorsichtig, gaaaaanz voooorsichtig…Nur noch wenige Zentimeter trennen mich vom völligen Versagen in einer der schwierigsten Missionen, die GTA IV zu bieten hat - dem Rückwärtseinparken.

Mein Fahrstil ist eine Mischung aus Ungeduld und Ungeschick. Nach blutigen Shootouts wird der Rückweg zu meinem Unterschlupf nicht weniger blutig: Die Motorhaube ist übersät von den roten Abschiedsgrüßen harmloser Passanten, die sich nicht mehr rechtzeitig genug in Sicherheit bringen konnten. Aber egal, wie viele Menschenleben ich in den letzten Minuten absichtlich oder unabsichtlich ausgelöscht habe - korrektes Einparken ist Pflicht. Ich will ja keinen Ärger mit meinem moralischen Gewissen und meinem Sinn für Ästhetik bekommen, wenn ich mein aktuelles Fahrzeug einfach achtlos am Straßenrand abstelle. Soviel Respekt und Zeit müssen sein.

Ganz wichtig außerdem: Nachladen, nachladen, nachladen - wenn sich zwischen hitzigen Feuergefechten auch nur das kleinste Zeitfenster öffnet, wandert neue Munition in die Waffe meiner Wahl. Klar, dass ich durch den Nachlad-Wahn wesentlich häufiger das Zeitliche segne, als dass eine einzige Kugel den Unterschied zwischen Leben und Sterben meines Gegners bedeutet hätte. Aber ich könnte mir nie verzeihen, wenn ich mit meinem müden "Klack. Klack." vor einem Feind stehen würde, der mir mit einem saftigen "BÄÄÄM!" die Birne wegballert. Und danach würde er mit stolzgeschwellter Brust zu den anderen Pixel-Gegnern schlendern und ihnen hämisch kichernd erzählen, wie er…

Ach nein, ich mag nicht mal dran denken. Außerdem habe ich jetzt grade keine Zeit zum Denken, ich muss doch wieder nachladen! Das letzte Nachladen ist schon über drei Sekunden her!

Wenn ihr mit NES und Co. durch die ganz harte Zockerschule gegangen seid, dann wisst ihr sicherlich, wie wichtig es ist, Munition zu horten und den Einsatz von Heiltränken selbst im Angesicht des sicheren Todes sorgfältig abzuwägen. Denn während in aktuellen Spielen wundersame Selbstheilkräfte bereits nach wenigen Sekunden ohne Beschuss für eine volle Lebensleiste sorgten, schleppte man sich früher oft stundenlang mit einem jämmerlichen Prozent Energie dahin. Bei einem bevorstehenden Endgegner-Kampf wurde außerdem nicht das Inventar bis zum Anschlag mit Munition und Granaten vollgestopft - nein, sorgsames Horten und penibles Sparen von Munition waren angesagt. Noch heute zucke ich innerlich zusammen, wenn ich wertvolle Munition verschwende, damit die zerstörbare Umgebung demonstrieren darf, wie zerstörbar sie wirklich ist.

Die Folge von den langen Jahren der Entbehrung: Heiltränke und Zaubertränke dürfen unter keinen Umständen genutzt werden, wenn kein so großer Vorrat vorhanden ist, dass er locker für die dreifache Spiellänge reicht. Eher wird neu geladen, als dass ich zulassen würde, dass ein kostbarer Heiltrank meine dürstende Kehle hinunterrinnt und meinen zerschundenen Körper heilt.

Eine weitere Marotte ist der obligatorische Blick in die Optionen. Ein oftmals lohnenswertes Unterfangen bei PC-Spielen, die sich bis ins kleinste Detail konfigurieren und natürlich auch verkonfigurieren lassen. Zwar nimmt der Detailwahn in den Optionen mit zunehmender Konsolisierung der Spielewelt immer mehr ab, doch die Grafik-Optionen erlauben es meistens, mehrere Stunden wertvolle Zeit zu vertrödeln.

Erster Schritt: Alle Einstellungen auf Maximum, um dann nach einigen verruckelten und verzuckelten Sekunden zu kapitulieren. Zweiter Schritt: Den Rest des Tages damit verplempern, jede einzelne Option perfekt auf die eigene Hardware abzustimmen.

Selbst bei Konsolen-Spielen, deren Optionen oft ähnlich umfangreich sind wie die Palette an Gesichtsausdrücken von Sylvester Stallone, folgt vor dem Spielstart erst ein gewissenhafter Blick - vielleicht lässt sich ja doch irgendeine Einstellung festlegen, ohne die der ultimative Gaming-Kick ausbleiben würde! Und natürlich muss auch noch unbedingt die Y-Achse invertiert werden, sonst ist die Laune für den ganzen Tag auf dem Tiefpunkt.

Ein Blick auf die Farmville-Felder in aller Welt lässt mich hingegen alle meine Marotten und Macken mit dankbarer Demut hinnehmen: Wenn ich die unzähligen Farmen sehe, deren penible Pflege selbst Menschen mit Waschzwang wie zum Himmel stinkende Kreaturen wirken lässt, dann ist es doch nicht mehr so schlimm, dass ich bei Oblivion jeden schwarzen Fleck auf der Landkarte höchstpersönlich besucht habe. Oder doch?

Was bestimmt euer Dasein als Spieler? Mit welchen Gaming-Neurosen müsst ihr euch herumplagen? Bringt ihr es auch in Open World-Spielen niemals über das Herz, eine böse Tat zu begehen? Oder könnt ihr bei Command & Conquer einfach nicht angreifen, sondern verbarrikadiert euch in eurer Basis und wartet auf die feindliche Attacke? Schreibt uns eure Marotten und Macken in die Kommentare!

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